Ich lasse mich für den Gemeinderat aufstellen

Die Überschrift sagt eigentlich schon Alles und ich habe es auch schon in diesem Tweet kurz kundgegeben:

Der Begriff Liste irritiert ein wenig. Es handelt sich dabei nämlich nicht um eine Liste wie bei der Bundestagswahl für die Zweitstimmen, sondern offiziell wird glaube ich von Wahlvorschlag gesprochen. Der Kern dieses Wahlsystems beruht darauf, dass man die Anzahl gleiche Anzahl an Stimmen hat, wie auch Plätze im Gemeinderat vergeben werden – in meinem Fall 28. Diese kann man grundsätzlich jeder*m Kandidatin*en geben. Am Ende kommen die 28 Menschen in den Rat, die die 28 meisten Stimmen erhalten. Die Personen stehen nun aber nicht frei in einer langen Liste, sondern auf verschiedenen Listen/ Wahlvorschlägen. Diese werden natürlich von den Parteien aufgestellt. Ist jemandem seine Zeit zu schade oder kennt sich einfach in der kommunalen Politik nicht aus, kann er einfach die Liste wählen. Dann bekommt jede Person eine Stimme und fertig. (Das hier etwas kurz dargestellte Wahlsystem nennt sich glaube ich Kumulieren und Panaschieren, es ist ja nicht so, dass ich es in Kürze in der Wikipedia nachschlagen könnte.)

Ich werde mich auf die Liste der Grünen setzen lassen. An welcher Stelle, weiß ich noch nicht genau. Warum das wichtig ist? Es soll wohl faule Wähler geben, die einfach nur die ersten drei auf den Listen wählen, zusätzlich zu ihren Nachbarn (natürlich etwas überspitzt ausgedrückt). Dennoch erhält der Listenplatz eine wesentlich geringere Wichtigkeit als bei der Bundestagswahl.

Warum habe ich mich für die grüne Liste aufstellen lassen? Erstens besteht bei mir ein gewisse politische und programmatische Übereinstimmung, die ich für essentiell halte, auch wenn ich nicht Parteimitglied oder sonst formal an die restlichen Menschen auf der Liste gebunden bin. Zusätzlich haben sie, die Grünen, mich als erste der Gemeinderatsfraktionen angesprochen, was dann auch erst das Interesse der anderen geweckt hat, weshalb ich innerhalb weniger Wochen mehrere Angebote von der FDP, den freien Wählern, aber indirekt auch von der SPD (vielleicht auch unwissend) erhalten habe. Der Hintergrund, dass die Parteien plötzlich auf mich zukommen ist der, dass ich erstens im Jugendgemeinderat aktiv bin und zweitens das Wahlalter erstmalig auf 16 Jahre herabgesetzt wurde. (Auch wenn die gesamte Erstwählerschaft nur ca. einen Sitz wählen könnte).

 

P.S.: Ja, ich bin Mitglied der Piratenpartei Deutschland.

Das Potential zu nerven

Aktuell leben über 7 Milliarden Menschen auf unserem Planeten und es werden in Zukunft nicht gerade weniger. Niemand, und damit meine ich NIEMAND, kann sich mit allen Menschen beschäftigen, also jedem auch nur einen geringsten Teil seiner Aufmerksamkeit schenken.

Vielleicht wird das mit der Erfindung der Zeitreise anders, aber dann haben wir andere Probleme, als allen Menschen die Aufmerksamkeit schenken zu wollen.

Der Ausdruck „Aufmerksamkeit schenken“ impliziert schon, dass es sich hierbei um ein kostbares Gut handelt. Der Tag hat nämlich 24 Stunden und man hat Dinge zu tun. Dinge, die man mehr oder weniger freiwillig tut.

Jede Aktion, die ein Mensch durchführt, dient einzig und allein seiner Bereicherung. Und zwar Bereicherung allgemein:
– Jemand isst etwas, weil er/sie Hunger und/oder Appetit hat.
– Jemand fährt mit der Bahn, weil er/sie sich von Ort A zu Ort B bewegen möchte und/oder weil er/sie umweltfreundlich sein möchte und deshalb auf sein/ihr Auto verzichtet.
– Jemand hilft einer älteren Dame aus dem Bus, weil er/sie sich dadurch besser fühlt, weil er/sie denkt, die Gesellschaft verbessert zu haben und gerne in einer „besseren Gesellschaft“ leben würde.

Aktionen können zwar auch zur Bereicherung eines anderen Individuums führen, bereichern aber primär das ausführende Individuum.

Wenn ein Mensch einem anderen Menschen also seine Aufmerksamkeit schenkt, geschieht das in der Theorie nur, wenn es Ersterem als Bereicherung dient. Das kann zum Beispiel sein, wenn der Mensch als Mittler dient (Bedienung und andere Arten von Dienstleistung) oder aber auch, wenn Interesse an einem Menschen besteht (aus jeglichen Gründen, wie unter anderem Gefühlen).
Die Praxis sieht allerdings anders aus. Ich muss, wenn ich mich in der Öffentlichkeit befinde, meine Aufmerksamkeit Menschen widmen, obwohl ich es nicht will – obwohl es mir nichts bringt/ mir keine Bereicherung bringt. Oft, weil sich dieser Mensch in meinen Augen so verhält, dass er/sie nervt. Das kann das klassische Brüllen in der S-Bahn eines betrunkenen Mitbürgers/ einer betrunkenen Mitbürgerin sein, aber auch der/die Straßenmusiker/-in, dessen/deren Musik mir nicht gefällt. Leider kann ich in diesem Moment meine Sinne nicht ausschalten und meine Aufmerksamkeit zum Beispiel dem schönen Wetter, meiner Twittertimeline oder der Idee eines neuen Blogposts schenken. Es nervt! Blockiert!

Darauf, ob eine Aktivität nervt, kann niemand die Meinungshoheit haben. Niemand darf mir sagen, was mich zu nerven hat, und was nicht.
Aus diesem Grund sollte sich jedes Mitglied unserer Gesellschaft bewusst sein, dass eine Aktion, bei der es, wie oben beschrieben, primär um die persönliche Bereicherung geht, grundsätzlich das Potential birgt, jemanden zu nerven. Je größer die Reichweite dieser Aktion, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese jemanden nervt.

Das, was ich hier beschrieben habe, ist ein Aspekt des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Gesellschaft ist deshalb allerdings nicht schlecht. Ganz im Gegenteil, Gesellschaft bedeutet unter anderem Verantwortung an den einzelnen zu (über-)geben. Die Verantwortung, das Zusammenleben erträglich, wenn nicht sogar schön, zu gestalten.

Dazu gehört auch, andere Mitglieder der Gesellschaft minimal zu nerven. Was das dem/der Einzelnen bringt? Er/Sie wird nicht zurück genervt, denn wie wir alle hoffentlich wissen, sind nicht genervte Menschen wesentlich freundlicher und damit weniger nervig.

Werdet euch also eurem Potential zu nerven bewusst und hört bitte auf, in der S-Bahn grundlos herumzuschreien!

tl;dr

Jede/-r Einzelne steht in der Schuld der Gesellschaft, seinen/ihren Teil zu ihr beizutragen.

Update: Versucht, keinen Menschen zu nerven, seid euch aber bewusst, dass das nicht möglich ist.